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Kategorie: Soziale Verantwortung, 3-2013
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz
Der Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales hat jetzt eine Expertenanhörung zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz durchgeführt. Ihr lagen vier parlamentarische Anträge zum Thema zu Grunde.
Die Abgeordneten von CDU/CSU und FDP verlangen in ihrem Antrag (Bundestags-drucksache: 17/13088) von der Bundesregierung, durch mehr Öffentlichkeitsarbeit bei Unternehmen, Verwaltungen und Belegschaften für mehr betriebliche Gesundheitsförderung zu werben. Zudem müssten der Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und psychischen Erkrankungen besser erforscht werden. Verbesserungen sollen auf freiwilliger Basis durch die Unternehmen und Organisationen eingeführt werden.
Die drei Anträge der Oppositionsfraktionen konzentrieren sich vor allem darauf, eine ?Anti-Stress-Verordnung? zu fordern, mit der Regelungslücken im Arbeits- und Gesundheitsschutz geschlossen werden können. Die Verordnung müsse, so heißt es im SPD-Antrag (17/12818), einen verbindlichen Bezugsrahmen für Betriebe und Aufsichtsbehörden schaffen. Faktoren wie Arbeitsorganisation, Gestaltung der Arbeitsaufgabe und Arbeitszeit sollten darin berücksichtigt werden.
Bündnis 90/Die Grünen stellen in ihrem Antrag (17/10867) fest, dass in Deutschland zwar Arbeitsschutzgesetze existierten, es aber ein ?Umsetzungsdefizit? auf betrieblicher und gesetzgeberischer Ebene gebe. So fehlten vielen Betrieben Gefährdungsbeurteilungen, die aufzeigen, welche gesundheitlichen Belastungen auftreten und wie sie vermieden werden können.
Die Fraktion Die Linke betont in ihrem Antrag (17/11042), dass es entscheidend sei, dass Beschäftigte ihre Arbeitsbedingungen stärker mitgestalten. Stress entstehe hauptsächlich dann, wenn ein hoher Verantwortungsumfang mit nur einem geringen Handlungsspielraum bei der Gestaltung des Arbeitsprozesses einhergeht.
Bei der Anhörung betonte Wolfgang Panter, Präsident des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW), die besondere Rolle von Führungskräften. Sie seien eine wichtige Schnittstelle, wenn es darum ginge, Angestellten mit psychischen Erkrankungen zu helfen. Ihre Schulung müsse deshalb dringend verbessert werden, forderte er.
Alfred Lenz, leitender Werksarzt von BMW in Regensburg, unterstrich ebenfalls die wichtige Funktion von Führungskräften und erläuterte das Weiterbildungsangebot des Unternehmens dazu. Den von den Oppositionsparteien geforderten Anti-Stress-Verordnungen und Gefährdungsbeurteilungen erteilte Lenz eine Absage: ?Wir brauchen individuelle bedarfsorientierte Lösungen und mehr Schulungen?.
Die Gewerkschaftsvertreter, Ingo Nürnberger vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und Andrea Fergen von der IG Metall dagegen begrüßten die Initiativen der Opposition, die zu mehr Rechtssicherheit führten.
Für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hatte Norbert Breutmann festgestellt, dass man noch nicht genügend wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entstehung und die Auswirkungen von Stress am Arbeitsplatz habe, um die nötigen Bedarfsanalysen zu erstellen. Deshalb lehne die BDA auch die von der Opposition geforderte Anti-Stress-Verordnung ab. Diese gefährde die erfolgreich bestehenden Strukturen des betrieblichen Gesundheitsschutzes. Das geltende Arbeitsschutzrecht sehe ausreichende Regelungen vor, um arbeitsbedingten psychischen Gefährdungen entgegenzuwirken.
Wie es um die psychische Gesundheit in der Arbeitswelt steht, hatte zuletzt die Krankenkasse DAK in ihrem Gesundheitsreport 2013 untersucht. Danach erreichten die Krankschreibungen von Arbeitnehmern aufgrund psychischer Leiden 2012 einen neuen Höhepunkt. Die Fehltage durch Depressionen und andere psychische Krankheiten hätten sich zwischen 1997 und 2012 mehr als verdoppelt (plus 165 Prozent).